Die Einhaltung der Ruhe und Lenkzeiten scheitert oft am Fehlen von Parkplätzen für Lastkraftwagen entlang der Autobahnen. Lkw-Fahrer müssen bestimmte Ruhe und Lenkzeiten einhalten. Leider fördert der Parkplatzmangel auf Rasthöfen ein riskantes Parkverhalten und verhindert oft, dass die Berufskraftfahrer ausreichende Ruhezeiten zur Verfügung haben.
Ruhe und Lenkzeiten: Nicht-Beachtung hat schwerwiegende Konsequenzen
Damit die Verkehrssicherheit gewährleistet wird, gibt es genaue Regelungen über die Ruhe und Lenkzeiten. Welche Konsequenzen eine Nichtbeachtung dieser Vorschriften hat, kann im aktuellen Lkw-Bußgeldkatalog nachgelesen werden.
Lastkraftwagen sind in Deutschland das mit Abstand am meisten genutzte Transportmittel für Güter aller Art. Folgende Zahlen verdeutlichen die Dimensionen:
- 2017 waren 2,9 Millionen Lastkraftwagen in Deutschland zugelassen
- 3,2 Milliarden Tonnen Güter werden jährlich auf der Straße transportiert
- 72 Prozent aller Güter werden auf der Straße transportiert
- Volumen des Güterverkehrs wuchs von 1999 bis 2011 um 32 Prozent
- 87.500 Unternehmen sind im Bereich Güterverkehr tätig
Deutschland ist das Transitland Nummer Eins in Europa und kann nicht einfach umfahren werden, da im Norden Nord- und Ostsee und im Süden die Alpen ein Ausweichen unmöglich machen. Aus diesem Grund fahren nicht nur die 2,9 Millionen in Deutschland zugelassenen Lastkraftwagen, sondern auch Millionen internationaler Transportfahrzeuge über die Autobahnen.
Welche Rechtsvorschriften gelten für Lkw-Fahrer und ihre Arbeitgeber?
Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in fünf Rechtsvorschriften, die sich mit den Rechten und Pflichten von Berufskraftfahrern beschäftigen:
- EU-Verordnung 561/2006
- EU-Richtlinie 2002/15/EG
- Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
- Fahrpersonalverordnung (FPersV)
- Fahrpersonalgesetz (FPersV)
Welche Ruhe und Lenkzeiten müssen eingehalten werden?
Die Vorschriften im Verkehrsrecht hinsichtlich der Ruhe und Lenkzeiten gelten für Fahrzeuge, die folgende Kriterien erfüllen:
- Gesamtgewicht ist höher als 3,5 Tonnen
- es können mehr als acht Personen befördert werden
- Fahrzeuge mit Anhänger, die zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen wiegen
- Gespanne (Zugfahrzeug und Arbeitsmaschine), die mehr als 2,8 Tonnen wiegen
Die Einhaltung der Ruhe und Lenkzeiten wird über ein Kontrollgerät, das alle Daten automatisiert digital erfasst und bei jeder Fahrt eingeschaltet werden muss, überprüft. Fahrer sind verpflichtet, das Kontrollgerät mit ihrer Fahrerkarte zu aktivieren. Die Fahrerkarte kann bei einer Polizeikontrolle ausgelesen werden, sodass Überschreitungen der Lenkzeiten unzweifelhaft nachgewiesen werden.
Ein Nichtbenutzen der Kontrollkarte wird mit einer Geldbuße von 250 Euro bestraft, denn damit verhindert der Fahrer, dass die vorgeschriebene Fahrtunterbrechung kontrolliert werden kann. Bei erheblicher Überschreitung der Lenkzeiten drohen Fahrverbote und der Führerschein kann ebenfalls eingezogen werden.
Tipp: Für diese Fahrzeuge gelten Ausnahmen
Es gibt zahlreiche Ausnahmen für Fahrzeuge, die nicht zur Einhaltung der Ruhe und Lenkzeiten verpflichtet sind:
- Werkstattwagen (mit Regalen und Werkbänken ausgestattet)
- selbstfahrende Arbeitsmaschinen (ab 7,5 Tonnen Gewicht benötigen sie einen Fahrtenschreiber)
- Wohnmobile
- Linienbusse, deren Strecke maximal 50 Kilometer beträgt
- Fahrzeuge, die Ausrüstung, Maschinen oder Material transportieren (maximal 7,5 Tonnen Gewicht und 100 Kilometer Radius)
- Verkaufswagen (Radius maximal 100 Kilometer, Fahren nicht Hauptarbeit)
- Fahrzeuge, die maximal 40 Kilometer pro Stunde fahren
- Fahrzeuge der Pannenhilfe (Fahrten im Radius von maximal 100 Kilometer)
Welche Ruhe und Lenkzeiten sind einzuhalten?
Zu den Lenkzeiten zählen auch Wartezeiten im Stau oder an Ampeln. Das Be- und Entladen sowie das Ausfüllen von Frachtpapieren zählt jedoch nicht zu den Lenkzeiten. Es gibt genaue Vorschriften für die täglich und wöchentlich gestatteten Lenkzeiten. Beim Überschreiten der Lenkzeiten drohen hohe Bußgelder und Fahrverbote.
Erlaubte Lenkzeiten laut Arbeitszeitgesetz
Die maximale Lenkzeit pro Tag liegt bei neun Stunden und darf höchsten zweimal pro Woche auf zehn Stunden ausgedehnt werden. Es ist somit eine maximale Wochenarbeitszeit von 56 Stunden erlaubt. Innerhalb von zwei Wochen dürfen Lkw-Fahrer maximal 90 Stunden hinter dem Steuer sitzen.
Erlaubte Arbeitszeit pro Tag und pro Woche
Die Arbeitszeit darf in Ausnahmefällen auf zehn Stunden am Tag ausgedehnt werden, solange die Durchschnittsarbeitszeit innerhalb von 24 Wochen acht Stunden pro Tag nicht überschreitet. Daraus ergibt sich, dass in Ausnahmefällen wöchentliche Arbeitszeiten von maximal 60 Stunden erlaubt sind.
Vorgeschriebene Ruhezeiten innerhalb eines Arbeitstages
Auch im Hinblick auf die Fahrtunterbrechungen gibt es eindeutige Vorschriften. Spätestens nach 4,5 Stunden Fahrzeit, muss der Fahrer eine 45-minütige Paus einlegen. Wenn sie es wünschen, können die Fahrer die Pause in eine 15-minütige und eine 30-minütige Ruhezeit splitten. Für diese kurzen Unterbrechungen ihrer Arbeitszeit müssen die Fahrer das Fahrzeug nicht verlassen.
Video: Gefahr? Zu wenige Parkplätze für LKW auf Rastplätzen | ZDF WISO
Probleme bei der Parkplatzsuche erschweren die Einhaltung von Ruhe und Lenkzeiten
Die genannten Vorschriften verdeutlichen, dass Fahrer sich genau an relativ eng definierte Zeitvorgaben halten müssen, um Bußgelder zu vermeiden. Das gestaltet sich jedoch in der Praxis oft als schwierig, weil es an den dafür nötigen Parkplätzen mangelt. Es ist nicht möglich, den Lastkraftwagen einfach am Straßenrand wie einen Pkw zu parken, sodass die Berufskraftfahrer durch das Fehlen von Parkplätzen in Bedrängnis geraten.
Für die Fahrer stellt sich die Frage, wann sie mit der Suche nach einem adäquaten Parkplatz beginnen müssen und es bedarf einer umsichtigen Planung der Fahrt, um die vorgeschriebenen Ruhezeiten einhalten zu können. Stellt eine Kontrolle fest, dass die Ruhezeiten nicht eingehalten wurden, kann sich der Fahrer auf außergewöhnliche Umstände berufen. Der fehlende Parkplatz wird aber nur sehr selten als ein derartiger außergewöhnlicher Umstand anerkannt.
Parkplatzmangel: Wachsende Anzahl schwerer Unfälle mit Lastkraftwagen
Die Anzahl schwerer Unfälle, an denen Lastkraftwagen beteiligt sind, steigt permanent an. 2017 stieg die Zahl der getöteten Fahrer um 25 Prozent. Experten sehen die steigende Zahl der Lastkraftwagen und die nicht adäquat weiter entwickelte Infrastruktur als wesentlich Gründe dafür an.
Es fehlt insbesondere an einer ausreichenden Zahl von Parkplätzen, sodass die Fahrer die vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht einhalten können. Übermüdung ist einer der Hauptgründe dafür, dass Lkw ungebremst in Stauende rasen oder andere folgenschwere Fahrfehler zu tödlichen Verkehrsunfällen führen.
Eine VEDA-Analyse hat ergeben, dass entlang der deutschen Autobahnen 31.000 Parkplätze fehlen. Die Autobahnraststätten klagen über eine völlige Überfüllung und darüber, dass die Lkw-Fahrer gefährliche Parkmanöver riskieren, um die im Verkehrsrecht geforderte Fahrtunterbrechung einzuhalten.
Die Fahrer stellen ihre Fahrzeuge bis auf die Autobahn hinaus ab oder weichen in Gewerbe- und Wohngebiete abseits der Autobahnen aus. Immer häufiger kommt es zu tödlichen Unfällen an den Raststätten. Vor 2016 verunglückte alle drei Jahre ein Lkw-Fahrer auf diese Weise tödlich, 2016 waren vier Tote in einem Jahr zu beklagen – Tendenz steigend.
Kontaktdaten des VEDA:
VEDA – Vereinigung Deutscher Autohöfe e.V.
Sonnenberg 28
22958 Kuddewörde
Telefon 0172 / 5445551
www.veda-ev.de
Alarmierende Unfallzahlen
Die Berufskraftfahrer müssen einen enormen Zeitdruck bewältigen und wenn dann keine Möglichkeit vorhanden ist, die Ruhepausen einzuhalten, entstehen lebensgefährliche Situationen. Auch viele Pkw-Fahrer fühlen sich von der Masse an Lastkraftwagen auf deutschen Straßen bedroht und tatsächlich sind Unfälle, an denen die tonnenschweren Fahrzeuge beteiligt sind, wesentlich schwerer und viel zu oft sind leider Todesfälle zu beklagen.
- 2014: 32.183 Verkehrsunfälle von Lastkraftwagen mit Personenschaden
- 40.357 Verletzte
- 759 Todesfälle
- 9.596 Insassen von Lastkraftwagen an Unfällen beteiligt
- 30.761 andere Verkehrsteilnehmer an diesen Unfällen beteiligt
- Risiko bei Unfall mit Lastkraftwagen zu sterben, viermal höher als bei anderen Unfällen
- 59 Prozent der Lkw-Fahrer waren Unfallverursacher
Ruhe und Lenkzeiten: Ende des Parkplatz-Notstands nicht in Sicht
Es ist damit zu rechnen, dass der Güterverkehr auf den Straßen noch mindestens zehn Jahre hohe Wachstumsraten verzeichnet. Der Ausbau an Parkplätzen kommt jedoch nur schleppend voran. Da immer weniger Flächen zur Verfügung stehen, dauern Genehmigungsverfahren lange und die Parkplätze werden außerdem teurer (80.000 Euro pro Parkplatz). Bedenkt man, dass pro Jahr nur 1.500 neue Parkplätze hinzukommen, aber 2.500 mehr Lastkraftwagen auf der Straße sind, wird die Misere deutlich.
7.000 Lastkraftwagen werden derzeit an gefährlichen Stellen wie den Standstreifen, in den Auffahrten der Autobahnraststätten oder im Tankbereich abgestellt. Die Situation an den Autohöfen ist extrem schwierig und stellt die Fahrer täglich vor größte Probleme. Der Verkehrssicherheitsberater der Polizei in Münster, Hermann Lentfort stellt im Hinblick auf Unfälle fest: „An Parkplatz-Auffahrten ist die Gefahr, dass so etwas passiert, am größten.“
Den Fahrern macht der Experte kaum Vorwürfe, denn die digitalen Kontrollgeräte zeichnen unbestechlich auf der Fahrerkarte auf, wenn Ruhezeiten nicht eingehalten werden und zwingen die Fahrer somit zum Halt. Ehe die Berufskraftfahrer ihren Führerschein riskieren und hohe Geldbußen in Kauf nehmen, stellen sie das Fahrzeug irgendwo ab.
Falschparken wird vergleichsweise milde mit einer Geldbuße von 30 Euro geahndet. Das Überschreiten der Arbeitszeit um mehr als 15 Minuten kosten demgegenüber 180 Euro für den Spediteur und 60 Euro für den Fahrer.
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