Verfassungswidrig: Tierarztvorbehalt für Homöopathie an Tieren

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Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Tierarztvorbehalt für die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger homöopathischer Humanarzneimittel bei Tieren, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen, verfassungswidrig ist. Die entsprechende Vorschrift des Tierarzneimittelgesetzes verstößt gegen Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist nichtig.

Tierheilpraktiker brauchten Tierarztvorbehalt ab Januar 2022

Als Tierheilpraktikerinnen und Tierhomöopathin behandeln die Beschwerdeführerinnen Tiere mit nicht verschreibungspflichtigen, hochpotenzierten Humanhomöopathika. Mit Wirkung zum 28. Januar 2022 wurde jedoch durch § 50 Abs. 2 TAMG eine Regelung eingeführt, wonach die Anwendung solcher Homöopathika bei Tieren nur noch unter tierärztlicher Verschreibung oder Abgabe erlaubt ist. Die Beschwerdeführerinnen kritisieren diese Regelung als unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Berufsfreiheit.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Tierarztvorbehalt in § 50 Abs. 2 TAMG die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerinnen verletzt und gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 des GG verstößt. Der Gesetzgeber hat keinen verfassungsrechtlich angemessenen Ausgleich geschaffen, da die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung von Tierschutz und Gesundheit von Tier und Mensch als gering einzuschätzen ist. Der Nachweis theoretischer Kenntnisse kann die Minderung fördern.

Bis zum 27. Januar 2022 durften nicht-tierärztliche Personen nicht verschreibungspflichtige Humanarzneimittel bei Tieren anwenden. Seitdem unterliegt die Anwendung einem Tierarztvorbehalt, wie in § 50 Abs. 2 TAMG festgelegt.

Die Beschwerdeführerinnen praktizieren seit vielen Jahren als Tierheilpraktikerinnen und Tierhomöopathin. Sie behandeln hauptsächlich Hunde und Katzen, aber auch Pferde und einige Kleintiere. Dabei verwenden sie vor allem hochpotenzierte Humanhomöopathika, die registrierungspflichtig sind, aber nicht verschreibungspflichtig.

Beschwerdeführerinnen klagen gegen § 50 Abs. 2 TAMG und verletzte Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG. Eine Beschwerdeführerin klagt auch gegen Verletzung der Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG als Tierhalterin.

Bedeutung der Berufsfreiheit in der Tierheilpraxis

Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig, da die Beschwerdeführerinnen eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG rügen. Obwohl das Tierarzneimittelgesetz auch der Umsetzung von EU-Rechtsakten dient, kann das Bundesverfassungsgericht den § 50 Abs. 2 TAMG prüfen, da er nicht zwingendem Unionsrecht entspricht. Die Regelung setzt kein vollständig vereinheitlichendes Unionsrecht um und dient auch nicht der Anpassung an verbindliches Unionsrecht.

Die Verfassungsbeschwerden wurden aus dem Grund anerkannt, dass § 50 Abs. 2 TAMG die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerinnen als Tierheilpraktikerinnen und Tierhomöopathin unverhältnismäßig einschränkt.

Die Beschwerdeführerinnen können aufgrund von § 50 Abs. 2 TAMG nicht ohne tierärztliche Verordnung Humanhomöopathika bei Tieren anwenden, was die Berufsfreiheit einschränkt.

Der Tierarztvorbehalt gemäß § 50 Abs. 2 TAMG für die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Humanhomöopathika bei Tieren verfolgt einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck, aber der damit verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit ist nicht gerechtfertigt, da es keine hinreichend tragfähigen tatsächlichen Erkenntnisse gibt, dass durch die Anwendung von hochpotenzierten Humanhomöopathika bei Tieren Gefahren für Tier, Mensch oder die Umwelt bestehen.

Der Tierarztvorbehalt verfolgt den legitimen Zweck, die Qualität von Diagnostik und Therapie bei Heilbehandlungen von Tieren zu sichern. So wird vermieden, dass nicht ärztliche Personen Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen durchführen. Obwohl die Gesetzesmaterialien dieses Anliegen nicht explizit erwähnen, handelt es sich um einen objektiv vernünftigen Zweck, wie auch die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme betont.

Der Tierarztvorbehalt ist zur Erreichung des Gesetzeszwecks zwar geeignet und erforderlich, jedoch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne, da er unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerinnen eingreift.

Die Regelung hat erhebliches Gewicht, da sie die freie Berufsausübung von Tierheilpraktikern und Tierhomöopathen betrifft, die klassisch homöopathisch arbeiten und nahezu ausschließlich nicht verschreibungspflichtige Humanhomöopathika anwenden. Eine alternative berufliche Tätigkeit auf diesem Gebiet ist in großem Maße unmöglich.

Der Eingriff in die freie Berufsausübung von Tierheilpraktikern und Tierhomöopathen ist erheblich, jedoch stehen dem schützenswerte Belange wie Tierschutz und Gesundheit von Tier und Mensch gegenüber. Das Ziel des Tierschutzes ist ein wichtiger Gemeinwohlbelang und wird durch die Vorschrift des Tierarztvorbehalts verfolgt.

Eine Beeinträchtigung ist unwahrscheinlich und kann durch eine Nachweispflicht gemindert werden.

Sowohl das Tierschutzgesetz als auch das Tiergesundheitsgesetz setzen Verhaltens- und Anzeigepflichten in Kraft, um den Tierschutz zu gewährleisten und Fehldiagnosen sowie Fehlbehandlungen in gewerblichen Heilbehandlungen zu vermeiden. Diese Maßnahmen minimieren das Risiko von Beeinträchtigungen für Tier und Mensch.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die hier geschützten Gemeinwohlbelange nicht sehr wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Daher toleriert er potenzielle Gefährdungen in Bezug auf andere Heilbehandlungen bei Tieren.

Die Tatsache, dass gewisse Gefahren für den Tierschutz und die Gesundheit von Tier und Mensch mit Heilbehandlungen durch Tierheilpraktiker und Tierhomöopathen einhergehen, da sie nicht über eine Approbation verfügen, ist nicht spezifisch für die Anwendung von Humanhomöopathika bei Tieren. Auch die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Tierarzneimittel oder alternativer Heilmethoden ist nicht unter einen Tierarztvorbehalt gestellt und kann von Personen ohne spezifische Ausbildung mit unterschiedlichen Therapieansätzen durchgeführt werden. Der Gesetzgeber toleriert hierbei das Risiko von Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen sowie das Risiko unerkannter oder falsch behandelter Infektionskrankheiten, die auf Menschen übertragen werden können.

Um die Risiken bei der Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Humanhomöopathika bei Tieren durch nichtärztliche Personen zu minimieren, sollte der Nachweis entsprechender Kenntnisse zur Beurteilung von Diagnose und Behandlung gefordert werden.

Vor dem Hintergrund, dass die Gefahren bei der Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Humanhomöopathika zur Behandlung von Tieren als nicht sehr groß einzuschätzen sind, erscheint der Tierarztvorbehalt nicht mehr angemessen. Durch die Einführung einer Pflicht zum Nachweis theoretischer Kenntnisse in der Tierheilkunde können die Risiken weiter minimiert werden. Allerdings steht dem eine erhebliche Einschränkung der Berufsfreiheit von Tierheilpraktikern gegenüber, die sich im Wesentlichen auf die klassische Homöopathie beschränken.

Der Tierarztvorbehalt für nicht verschreibungspflichtige Humanhomöopathika bei Tieren durch Tierhalter erscheint unverhältnismäßig und beeinträchtigt die allgemeine Handlungsfreiheit.

Der Tierarztvorbehalt für die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Humanhomöopathika durch Tierhalterinnen und Tierhalter greift in deren Handlungsfreiheit ein, ohne dies in angemessener Weise zu rechtfertigen. Zwar dient die Regelung dem legitimen Zweck der Qualitätssicherung, jedoch ist sie nicht mehr verhältnismäßig im engeren Sinne. Andere Maßnahmen könnten die Gefahren für Tier und Mensch gleichermaßen mindern.

Obwohl der Eingriff in die Handlungsfreiheit von Tierhaltern, die klassische Homöopathie zur Behandlung ihrer Tiere nutzen, geringer ausfällt, sind die Sicherungen des Tierschutzgesetzes dennoch von großer Bedeutung. Insbesondere in schweren Fällen mindern sie das Risiko von Schädigungen für Tier und Mensch.

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