Auch wenn laut einer Studie des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 2015 die Scheidungszahlen in Deutschland um 2,1 Prozent zurückgingen, ist die Scheidungsrate in Deutschland mit rund 35 Prozent relativ hoch. Viele Ehepaare stellen nach durchschnittlich 14 Jahren und acht Monaten fest, dass die Ehe keine Zukunft mehr hat und reichen die Ehescheidung ein. Was so einfach klingt, ist mit einem strengen juristischen Ablauf und einigen Bedingungen verbunden.
Voraussetzungen für eine Ehescheidung
Damit eine Ehe juristisch ausgelöst werden kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden. Die wichtigsten Bedingungen hier auf einen Blick:
- Beantragung der Ehescheidung beim zuständigen Familiengericht
- Bestand einer gültige Ehe
- Das „Scheitern“ einer Ehe muss gegeben sein
- Einhaltung des entsprechenden Trennungszeitraums
- Klärung der Aufteilung
- Wer und wo ist das zuständige Familiengericht?
Der Antrag für eine Ehescheidung wird in der Regel bei den Familiengerichten eingereicht und dort schließlich auch verhandelt. In der Regel verfügen die zuständigen Amtsgerichte über familienrechtliche Abteilungen, die dann die Ehescheidung vollziehen werden. Wenn das verheiratete Paar kinderlos ist, dann ist das Gericht an dem Ort zuständig, an dem die Ehe geschlossen wurde. Wenn das Ehepaar Kinder hat, dann ist das Gericht an dem Ort zuständig, an dem die Kinder leben.
Was auf den ersten Blick etwas abstrakt aussieht, soll mit folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Zwei Ehepartner entscheiden sich, die Scheidung einzureichen und trennen sich. Während ein Ehepartner zusammen mit den Kindern in Frankfurt lebt, wohnt der zweite Partner in Köln. Die Ehescheidung würde dann am entsprechenden Gericht in Frankfurt, also am Wohnort der Kinder, vollzogen werden.
Nur eine gültige Ehe kann geschieden werden
Damit eine Ehe vom zuständigen Familiengericht geschieden werden kann, muss zunächst überprüft werden, ob die juristisch geschlossene Partnerschaft überhaupt rechtsgültig ist. Als Nachweis für eine gültige Ehe dient die Heiratsurkunde. Der Ehepartner, der den Antrag auf die Ehescheidung stellt, ist in der Pflicht, die Heiratsurkunde vorzulegen.
In Deutschland wurde das Schuldprinzip in Bezug auf die eheliche Scheidung abgeschafft. Das heißt, dass keinem Partner die Schuld für das Scheitern der Partnerschaft zugewiesen werden kann. Vielmehr gilt es, vor einer Ehescheidung zu bekräftigen, dass die Ehe im Allgemeinen gescheitert ist und nicht mehr gerettet werden kann. Hierbei liegt der Fokus auf dem Tatbestand der gescheiterten Ehe, ohne genauer zu untersuchen, was die Gründe dafür sind.
Ehescheidung und die „gescheiterte“ Ehe
Damit eine Ehescheidung vollzogen werden kann, muss die Ehe laut Paragraph 1565 BGB „gescheitert“ sein. Der vorliegende Paragraph definiert eine gescheiterte Ehe folgendermaßen: „Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen.“
Eine nichtbestehende Ehegemeinschaft ist dann der Fall, wenn beide Gatten nicht mehr miteinander kommunizieren und sexuell verkehren, wenn ein Partner sich vom anderen sichtbar abgewandt hat oder wenn beide bereits räumlich getrennt leben. Auch wenn ein Ehepartner die Ehe weiterführen möchte, kann es juristisch dennoch anerkannt werden, dass die Ehe gescheitert ist, da sich der zweite Partner bereits aus der Ehe zurückgezogen hat und auch keine Absicht hat, diese weiterzuführen.
Eine weitere Bedingung für die Ehescheidung ist nicht nur das Nichtbestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern auch die Erwartung, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr hergestellt werden kann. Das ist dann der Fall, wenn die Eheprobleme nicht nur zeitweise andauern, sondern stetig vorhanden sind. Ferner ist auch ein fehlender Versöhnungswille eines oder beider Ehepartner ein Anhaltspunkt für eine nicht wieder herzustellende eheliche Lebensgemeinschaft.
Der Trennungszeitraum
Damit eine Ehe als „gescheitert“ gilt und juristisch geschieden werden kann, muss ebenfalls ein gewisser Trennungszeitraum eingehalten werden. Das Zerrüttungsprinzip besagt, dass eine Ehe dann gescheitert ist, wenn beide Partner über ein Jahr lang getrennt leben. Wenn beide Partner mit der Scheidung einverstanden sind, dann ist die Trennungszeit von einem Jahr vor Gericht ausreichend und die Ehe kann juristisch geschieden werden.
Wenn ein Partner am Fortbestehen der Ehe festhalten will, dann muss eine Trennungszeit von mindestens drei Jahren durchlaufen werden. In bestimmten Ausnahmefällen greift eine Härtefallregelung, die die gängigen und obligatorischen Trennungszeiträume außer Kraft setzt. Ein Beispiel für das Greifen einer Härtefallregelung ist die Misshandlung eines Ehepartners durch den anderen oder Alkoholismus eines Ehepartners.
Die Aufteilung der gemeinsamen Güter und Co
Wer keinen Ehevertrag geschlossen hat, lebt in der Regel in einer Zugewinngemeinschaft. Das heißt, dass alle Güter, die gemeinsam in der Ehe erworben wurden, beiden Ehepartnern gehören. Bei einer Ehescheidung muss also zunächst geklärt werden, welchem Partner was gehört. Dieser sogenannte Zugewinnausgleich ist oftmals ein großer Streitpunkt, bevor die Ehe geschieden werden kann. Mithilfe eines kompetenten Scheidungsanwalts kann die Einigung in finanzieller Hinsicht schnell erlangt werden.
Einigkeit sollte nicht nur beim Zugewinnausgleich herrschen, sondern auch bei weiteren wichtigen Faktoren, die die Ehe, die gemeinsamen Kinder und weitere gemeinsame Regelungen betreffen:
- Aufteilung der Rentenansprüche (=Versorgungsausgleich)
- Klären des Ehegattenunterhalts
- Einigkeit beim Sorgerecht und beim Umgangsrecht, wenn es gemeinsame Kinder aus der Ehe gibt
- Einigkeit bezüglich des Wohnraums
- Aufteilung des gemeinsamen Haushalts
Sind sich die Eheleute über all diese Punkte einig und haben dies auch bei Gericht schriftlich hinterlegt, gilt die Scheidung als einvernehmlich. Eine Ehescheidung kann auch nicht einvernehmlich stattfinden – dann handelt es sich jedoch um eine sogenannte streitige Scheidung. Eine streitige Scheidung kann nach drei Jahren Trennungszeit und einer gemeinsamen finanziellen Einigung mit dem Einverständnis von nur einem Ehepartner vollzogen werden.
Video: Späte Scheidung – und die Folgen
Die Kosten einer Ehescheidung
Die Kosten, die eine Scheidung verursacht, bestehen aus den Gerichtsgebühren sowie den Anwaltskosten. Die Anwaltskosten belaufen sich, abhängig vom Aufwand, den die Scheidung für den Anwalt bedeutet, in unterschiedlicher Höhe. Jedoch gibt es einen Mindestsatz, den der Anwalt in jedem Fall verrechnen muss. Die Gerichtsgebühren sind hingegen abhängig von den finanziellen Verhältnissen und dem Einkommen des Ehepaars, welches sich scheiden lassen möchte.
Ablauf einer Ehescheidung
Der Ablauf einer Ehescheidung besteht in der Regel aus mehreren Schritten. Zunächst geht ein Ehepartner oder gleich beide zum Anwalt und lassen sich beraten. Es empfiehlt sich aufgrund der Subjektivität, auf unterschiedliche Anwälte zu setzen, damit jeder Ehepartner gleich gut und ohne Vorbehalte beraten werden kann.
In einem zweiten Schritt informiert der Anwalt, welche Unterlagen für eine rechtskräftige Ehescheidung benötigt werden und regelt den Schriftverkehr mit dem Anwalt des anderen Ehepartners. Je nachdem, ob es sich um eine einvernehmliche oder eine streitige Scheidung handelt, dauert das Verfahren an. Die Scheidung kann beim Gericht jedoch erst nach Ablauf des obligatorischen Trennungszeitraums eingereicht werden.
Kommt es dann zur Verhandlung der Ehescheidung bei Gericht, muss zunächst mithilfe des Ausweises verifiziert werden, dass die Ehepartner tatsächlich sie selbst sind. Der Scheidungsrichter wird dann noch einmal beide Partner befragen und sicherstellen, dass die Ehe tatsächlich geschieden werden soll.
Nachdem überprüft wurde, ob alle finanziellen Angelegenheiten sowie der Versorgungsausgleich und – im Falle von Kindern – das Umgangs- und Sorgerecht geregelt sind, kann der Richter die Ehescheidung vollziehen. Eine Scheidung kann in Ausnahmefällen auch verweigert werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Ehepartner kurz vor dem Tod steht und der gesunde Ehepartner aufgrund von der hohen psychischen Belastung die Scheidung einreicht.
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