Es war ein spektakuläres Gerichtsverfahren, das der US-amerikanische Starkoch Jamie Oliver 2011 gegen den Fast-Food-Riesen McDonald‘s gewann. Bis zu uns nach Deutschland schwappte die Meldung, in der sich viele McDonald’s-Gegner und Menschen, die seit jeher vom Fleisch der Kette warnen, bestätigt fühlten.
Oliver schlägt Brücke von McDonald‘s-Fleisch zu Hundefutter
Oliver konnte beweisen, dass der Konzern in den USA für seine Burger minderwertiges Fleisch benutzt – indem er dieses mit Hilfe chemischer Bearbeitung für den Menschen ansehnlich und wieder genießbar macht. Statt hochwertigem Fleisch sind Fette und Amoniak enthalten, die im schlimmsten Fall auch noch zu gesundheitlichen Schäden führen können.
Oliver klärte auf, was sich in vielen Burgern und Chicken Nuggets vieler US-amerikanischer McDonald’s-Filialen tatsächlich befindet. Man dürfe das, was McDonald’s dort verkauft, nicht als Nahrung bezeichnen, äußerte der Koch in den Medien. In seiner Sendung „Jamie Oliver’s Food Revolution“ vom 12. April 2011 konnte er aufdecken, dass der Imbiss-Riese die chemische Substanz Ammoniumhydroxid nutzt, um minderwertiges Rindfleisch, das sonst – wenn überhaupt – nur in Hundefutter steckt, für die Burger-Nutzung aufzubereiten. Laut Oliver sehe die Masse an Fleischabfällen im Anschluss an die chemische Behandlung wie „Pink Slime“ (rosa Schleim) aus, aber mit etwas Geduld könne man daraus in einer Fabrik etwas machen, das in Aussehen, Geruch und Geschmack nicht wie Hundefutter, sondern wie leckeres Fleisch wirke.
Oliver: McDonald’s-Fleisch besteht zu 15 Prozent aus chemischem Stoff
Dass es ein Leichtes ist, aus einer Masse, die angeblich nur für Hundefutter benutzt wird, tatsächlich etwas herzustellen, das wie Burger-Fleisch aussieht, bewies der weltweit bekannte Koch im Rahmen eines Interviews mit der Daily Mail. Aus Fett, Haut und inneren Organen kreierte er ein fleischähnliches „Etwas“. Das ungeschulte Auge erkannte darin – rein optisch – ohne Weiteres Rindfleisch, dass man bedenkenlos als Burger-Belag hätte nutzen können. Im Anschluss stellte er die (nachvollziehbare) Frage: „Wie kann ein vernünftiger Mensch Kindern Fett mit Ammoniak servieren?“.
Der Vollständigkeit halber aber sei noch erwähnt, dass diese chemische Bearbeitung durch McDonald’s, zum jenem Zeitpunkt in den USA offiziell keine Straftat und damit keinen unrechtmäßigen Eingriff darstellte. 15 Prozent durfte der Anteil jener Masse, die die meisten Hundehalter ihrem Vierbeiner wohl nicht einmal als Hundefutter vorsetzen würden, am Endprodukt betragen. So legte es das Ministerium für Agrarwirtschaft der USA einst fest. Eine Kennzeichnungspflicht bestand für McDonald’s daher nicht.
Das Strecken und die Wiederaufbereitung des Fleisches mit Chemie waren also nicht rechtswidrig. Es sorgte aber auch nicht gerade dafür, dass sich der Fast-Food-Konzern von seinem ohnehin angeschlagenen Image – falsch deklariertes Fleisch, Fälle von Plastik-Rückständen in Burgern, alarmierende Folgen für die Gesundheit bei Fast-Food-Verzehr etc. – erholte. Der Fall „Jamie-Oliver-vs.-McDonald’s“ sorgte dafür, dass der US-Konzern von vielen nur noch als Giftmischer angesehen wurde, auch wenn ihm rechtlich gesehen aus dem Vorfall in den USA keine Konsequenzen drohten.
Fälle von falscher Lebensmittel-Kennzeichnung auch in Deutschland
Auch in Deutschland gab es bereits einige, ähnliche gelagerte Fälle, in denen Hersteller durch die Aufmachung und Kennzeichnung eines Produkts, die Verbraucher täuschten. Der Unterschied: hierzulande kam es oft zu rechtskräftigen Urteilen. Dass die Kennzeichnung des Lebensmittels mit seinem tatsächlichen Inhalt übereinstimmen muss, gilt als wesentliches Prinzip des Lebensmittelrechts. Dieses ist im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) festgeschrieben. In einem Urteil vom März 2016 entschied das Landgericht Trier, dass ein auf vegane und vegetarische Kost spezialisiertes Unternehmen ein bestimmtes Produkt nicht mehr als „veganen Käse“ vermarkten dürfe. Begründung des Gerichts: das Unternehmen verstoße gegen Europäisches Recht, welches besagt, dass die Bezeichnung „Käse“ nur tierischen Milcherzeugnissen vorbehalten sei. Da dies auf das betreffende Produkt nicht zutrifft, darf der Hersteller die Ware auch nicht mehr als „Käse“ bewerben. Sonst liege wettbewerbswidriges Verhalten vor.
Was drauf steht muss auch drin sein
Auf ein Kernelement der Lebensmittelwerbung – die optische Aufmachung des Produkts – bezog sich auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 04. Juni 2015. Demnach ist es nicht mehr zulässig, „Lebensmittel mit Bildern eines Inhalts zu bewerben, der gar nicht drin ist“, so der Gerichtshof. Ein Beispiel: Ist auf einer Flasche Wasser mit natürlichen Aromen z.B. eine Frucht abgebildet, die den Anschein erweckt, dass das Wasser Aromen dieser Frucht enthält, so ist dies unzulässig. Erdbeer-, Apfel- oder Kirsch-Aromen sind keine natürlichen Inhaltstoffe, durch die Bebilderung auf dem Etikett vermittelt das Unternehmen aber den Anschein, dass das Wasser jene Geschmäcker aufweist.
Ein ähnliches Beispiel: Das OLG Hamm entschied im Mai 2014, dass eine Soester Privatbrauerei ihr alkoholfreies Bier nicht mehr mit dem Begriff „vitalisierend“ bewerben darf. Hintergrund: das Wort war eine Anspielung auf die Box-Brüder Vitali und Wladimir Klitschko, die auf den Flaschenetiketten abgebildeten waren. Ein Boxverein, der die Brauerei verklagte, hielt den Begriff “vitalisierend“ für unzulässig, da auf dem Etikett jegliche weiterführende, spezielle Angaben fehlten, die die Nutzung rechtfertigen würden. Das Gericht gab den Klägern recht, da bei dem Begriff „vitalisierend“ solch „gesundheitsbezogenen Angaben“ erforderlich seien. Die Kennzeichnung stimmt hier nicht mit dem Inhalt überein.
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