Keine Altersdiskriminierung: Rechtliche Hinweise für Senioren

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Bei Verdacht auf Altersdiskriminierung: Die bisherigen Urteile prüfen und einen Anwalt aufsuchen!

Altersdiskriminierung im Alltag

Ob es um arbeitsrechtliche Angelegenheiten geht, um die Rente oder um private Bankgeschäfte, ältere Menschen werden oft benachteiligt. In bestimmten Fällen spricht man von Diskriminierung, doch manchmal ist die Festlegung einer Altersgrenze auch rechtens. Dem Amtsgericht München lag eine Klage vor, die von einer Rentnerin aus Freiburg gegen einen Shoppingsender vorgebracht wurde. Aufgrund ihres Alters von 84 Jahren war der Verkäufer nicht bereit, eine Ratenzahlung zuzulassen. Die interne Altersgrenze für einen Ratenkredit sei überschritten, daher könne die Klägerin die Rechnung nur über andere Zahlungsarten begleichen.

Wenn ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) vorliegt, können die Betroffenen eine Entschädigung sowie Schadenersatz verlangen. Bei dem abgelehnten Kredit für Senioren fühlte sich die Klägerin diskriminiert und erhob deshalb Anspruch auf ein Schmerzensgeld von 3.000 Euro.

Andere Fälle von Altersdiskriminierung beziehen sich auf Ablehnungen bei Bewerbungen oder auf eine Drosselung der Bezüge ab einem gewissen Alter. Doch die Gerichte entscheiden nicht immer zugunsten der Kläger, denn manchmal wird das vorliegende Geschehen nicht als Diskriminierung definiert.

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Das Benachteiligungsverbot aufgrund des Alters

Wenn jemand nur wegen seines Lebensalters benachteiligt wird, so handelt es sich um eine Altersdiskriminierung, die verboten ist und durch einen Schadenersatz ausgeglichen werden muss. Das schreibt das AGG vor, das sich mit den Bereichen Arbeit, Beruf und alltäglichen Geschäften befasst. Das AGG legt außerdem eine Definition für den Begriff Alter vor. Es hält fest, dass das Alter im Sinne der AGG-Regeln ausschließlich das Lebensalter meint, aber nicht die Beschäftigungsdauer, die mit dem Wort Dienstalter gekennzeichnet wird.

Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot liegt vor, wenn die Älteren aufgrund ihres Lebensalters eine Benachteiligung gegenüber jüngeren Personen erfahren. Diese Regel gilt auch umgekehrt, also wenn die Jüngeren benachteiligt werden. Hierbei sind zusätzlich die Bestimmungen im Arbeitsrecht zu beachten. Einschränkend hält das AGG fest, dass beim Vorliegen eines sachlichen Grundes die empfundene Benachteiligung zulässig ist.

In § 10, Satz 1 und 2, AGG steht,

  • dass es altersbedingt zu einer Benachteiligung kommen kann wenn diese aus objektiver Sicht von einem legitimen Ziel angemessen gerechtfertigt wird,
  • dass die Mittel, die für die entsprechende Durchführung eingesetzt werden, angemessen und auch erforderlich sein müssen.
Wenn jemand nur wegen seines Lebensalters benachteiligt wird, so handelt es sich um eine Altersdiskriminierung, die verboten ist und durch einen Schadenersatz ausgeglichen werden muss. (#01)

Wenn jemand nur wegen seines Lebensalters benachteiligt wird, so handelt es sich um eine Altersdiskriminierung, die verboten ist und durch einen Schadenersatz ausgeglichen werden muss. (#01)

Der Fall des Amtsgerichts München

Das Amtsgericht München, das sich mit der Klage auf Schmerzensgeld befasste, stellte fest, dass die Benachteiligung keine sachliche Rechtfertigung hatte. Der Absage des Ratenkredits lag keine Bonitätsprüfung zugrunde, damit sei keine gleichberechtigte Teilhabe am Rechtsverkehr möglich, sodass man von einer persönlichkeitsverletzenden Behandlung sprechen könne. Sterben könne man in jedem Alter, auch wenn die Lebenserwartung älterer Menschen nicht so hoch ist wie bei jungen Menschen. Eigentlich ginge es um den gesetzlichen Schutz der Senioren, doch hier wurde die Klägerin benachteiligt.

Nachdem die Beklagte den Schadenersatzanspruch abgelehnt hatte, ging die Entscheidung in die Berufung. Letztendlich lehnte auch das AG München die Klage ab (Urteil vom 13. April 201, Az. 171 C 28560/15). Die Begründung lautete, dass die Ratenvereinbarung im Sinne des AGG kein zivilrechtliches Massengeschäft sei. Stattdessen ginge der Verkäufer ein geschäftliches Risiko ein, das nicht in dem Alter der Seniorin läge, sondern durch die eingeholte Bonitätsauskunft. Und auch bei der Zugrundelegung eines Massengeschäfts würde es sachlich gesehen rechtens sein, junge und alte Kunden unterschiedlich zu behandeln.

Das Amtsgericht München, das sich mit der Klage auf Schmerzensgeld befasste, stellte fest, dass die Benachteiligung keine sachliche Rechtfertigung hatte. (#02)

Das Amtsgericht München, das sich mit der Klage auf Schmerzensgeld befasste, stellte fest, dass die Benachteiligung keine sachliche Rechtfertigung hatte. (#02)

Altersdiskriminierung im Berufsleben und im Ruhestand

Wenn man erst in den Ruhestand geht, wird es immer schwieriger, einen Ratenkredit zu bekommen. Schon bei Kleinkrediten sehen viele Banken das Alter als Minuspunkt an, obwohl die Senioren eine regelmäßige Rente bekommen und damit eine gewisse Sicherheit haben. Trotzdem lehnen die Kreditgeber oft mit einem Hinweis auf das erhöhte Todesfallrisiko der älteren Menschen ab. Falls es jedoch zum Kreditvertrag kommt, werden die Senioren zu teuren Restschuldversicherungen oder zum Vorlegen einer Bürgschaft verpflichtet.

Im Berufsleben ist das Bundesarbeitsgericht für die Einhaltung des AGG und für den Schutz gegen Altersdiskriminierung im Tarifvertrag zuständig. Das Arbeitsrecht verbietet die anteilige Kürzung der Zulagen auf der Basis des Lebensalters. Auch die Betriebszugehörigkeit spielt dabei eine Rolle. Laut § 10 AGG ist eine solche Benachteiligung nicht gerechtfertigt. In einem Urteil wurde der Klägerin als Schadenersatz für die Diskriminierung eine Anpassung zugesprochen, sodass sie ihre Zulage nachträglich wieder erhielt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Februar 2016, 6 AZR 700/14).

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Tipps vom Verein gegen Altersdiskriminierung

Der Verein gegen Altersdiskriminierung empfiehlt den älteren Menschen, nicht klein beizugeben, sondern zu protestieren, sich über die bisherigen Urteile zur Altersdiskriminierung zu informieren und gegebenenfalls einen Rechtsbeistand zu kontaktieren. In den letzten Jahren konnte man feststellen, dass die Senioren offensichtlich wieder besser behandelt werden.

Dafür gibt es auch gute Gründe:

  • Das biologische Alter im Beruf ist kein Minuspunkt mehr, sondern die lange Betriebszugehörigkeit wird als positives Merkmal angesehen und weist auf den großen Erfahrungsschatz hin.
  • Die Senioren sind als Kunden sehr wichtig, was nicht nur der Einzelhandel bemerkt, sondern auch die Banken.
  • Die modernen Senioren sind aktiv und stehen mitten im Leben.

Es gibt also keinen Anlass, sich von einer Benachteiligung einschüchtern zu lassen. Altersdiskriminierung ist laut Gesetz in keinem Fall rechtens, und darauf sollten die Senioren auch bestehen. Inzwischen konnte man einen Rückgang dieser Beschwerden beobachten, denn die Kreditgeber behandeln die Anfragen der älteren Kundschaft deutlich zuvorkommender als noch vor zehn Jahren.


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