Krankengymnastik und Massagen nicht verordnet, was tun?

0

Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen in Praxen wegen nicht verordneter Krankengymnastik, Massagen und anderer Heilmittel. Nach § 27 Abs. 1 i. V. m. § 32 SGB V hat der Patient Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln, soweit sie nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.

Die Verordnung von Heilmitteln ist gemäß § 73 Abs. 2 SGB V Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Der gemeinsame Bundesausschuss hat gemäß § 92 SGB V die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung des Versicherten mit Heilmitteln festgelegt. Die Heilmittelrichtlinien (HMR) des gemeinsamen Bundesausschusses haben die konkret verordnungsfähigen Heilmittel und die weiteren Modalitäten der Verordnung von Krankengymnastik, Massagen festgelegt. Sie sind für die Versicherten, die Krankenkassen und für die an der ambulanten ärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer verbindlich (§ 91 Abs. 9 SGB V).

Heilmittelrichtlinien: medizinische Vorgaben sind zu beachten

Bei der juristischen Überprüfung, inwiefern eine evt. abgelehnte Verordnung (von z.B. Krankengymnastik) fehlerhaft war, ist zu sehen, inwiefern die Verordnung den medizinischen Vorgaben der Heilmittelrichtlinien (HMR) entspricht, und inwieweit die Behandlungsmaßnahmen nach Art und Umfang notwendig, geeignet und ausreichend sind, um den angestrebten Behandlungserfolg zu erzielen. Weiterhin ob die medizinischen Vorsorgeleistungen und die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bzw. ergänzende Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erforderlich sind und ggf. weitere Maßnahmen zur Diagnostik und Therapie angezeigt sind.

Vertragsarzt verordnet Krankengymnastik, Massagen und andere Heilmittel

Nach Nr. 11.4 der HMR hat der Vertragsarzt bei Verordnung außerhalb des Regelfalles auf der Basis des festgestellten Therapiebedarfs, der Therapiefähigkeit, der Therapieprognose und des Therapieziels die Heilmitteltherapie fortzuführen oder andere Maßnahmen einzuleiten. Dementsprechend sind bei der Begutachtung diese Punkte unbedingt zu beachten.

Der Patient kann sich bei Problemen in der Verordnung an die Krankenkasse wenden und diese holt in der Regel eine gutachterliche Stellungnahme beim medizinischen Dienst der Krankenkasse ein. Gegen eine Entscheidung der Krankenkasse kann der Versicherte Widerspruch erheben.

Krankengymnastik, Massagen, Heilmittel außerhalb des Regelfalles

Krankenkassen können auch in geeigneten Fällen zur Bewilligung den medizinischen Dienst beauftragen zu prüfen, inwiefern das Heilmittel erforderlich ist.

Zu berücksichtigen ist, Heilmittels dürfen gemäß Nr. 16.3 der HMR bei Kindern nicht verordnet werden, wenn an sich störungsbildspezifische heilpädagogische/sonderpädagogische Maßnahmen zur Beeinflussung von Schädigungen geboten sind. Sind heilpädagogische/sonderpädagogische Maßnahmen nicht durchführbar, dürfen Heilmittel nicht an deren Stelle verordnet werden. Neben heilpädagogischen oder sonderpädagogischen Maßnahmen dürfen Heilmittel nur bei entsprechender medizinischer Indikation außerhalb dieser heilpädagogischen/sonderpädagogischen Maßnahmen verordnet werden.

Heilmittel dürfen nicht verordnet werden, soweit diese im Rahmen der Frühforderung gemäß §§ 30 ff SGB IX i. V. m. der Förderverordnung vom 24.06.2003 als therapeutische Leistung erbracht werden.

Heilmittelkatalog

Vertragsärztinnen und Ärzte verordnen Heilmittel nach den zum 01.07.2004 beschlossenen Heilmittelrichtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses. Zu den Heilmittelrichtlinien gehört der Heilmittelkatalog. Dieser legt fest, welche Heilmittel in welchem Umfang und bei welcher Indikation von den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten verordnet werden.

Handelt es sich um eine private Krankenversicherung, erhält der Versicherte einen ablehnenden Bescheid, die Heilmittel wie Krankengymnastik zu übernehmen. Es besteht dann die Möglichkeit, gegen den ablehnenden Bescheid der Krankenkasse Widerspruch einzulegen. In dem Widerspruch sollte der geltend gemachte Anspruch detailliert begründet werden. Wird dem Widerspruch seitens der privaten Krankenkasse nicht stattgegeben, ist Klage zu erheben. Der Rechtsweg ist im Gegensatz zum gesetzlich Versicherten ein anderer.

Bei gesetzlich Versicherten ist das Sozialgericht zuständig. Bei privat Versicherten das Zivilgericht. Eine Beschwerde beim Bundesversicherungsamt steht beiden Versichertengruppen zu. In der Regel ist ein Gutachten nötig, um die Sachlage mit zu entscheiden. Zu empfehlen ist spätestens mit Abschluss des Widerspruchsverfahrens einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Um die medizinischen Gründe darzulegen, bedarf es medizinischer Kenntnisse. Ein Fachanwalt für Medizinrecht sollte daher gewählt werden. Als Fachanwalt vertrete ich Patienten und Ärzte gleichermaßen.


Bildnachweis: Titelbild: ©Shutterstock – Africa Studio

Kommentare sind nicht möglich.