Was tun, wenn die Kündigung des Bausparvertrags von der Bausparkasse kommt? Die Kunden sollten auf jeden Fall über die Hintergründe Bescheid wissen.
Das Prinzip von Bausparverträgen
Grundsätzlich ist ein Bausparvertrag recht simpel aufgebaut. Er beginnt mit der Ansparphase: Hier wächst das Guthaben des Kunden, bis der vertraglich vereinbarte Betrag erreicht ist. Gleichzeitig erhält man für das ansteigende Guthaben Zinsen. Nach Erreichen der Bausparsumme wird der Vertrag zuteilungsreif. Zu diesem Zeitpunkt hat der Kunde die Möglichkeit, ein Darlehen von seiner Bausparkasse abzurufen. Dieses ist für den Kauf, den Neubau oder die Renovierung eines Immobilienobjekts einzusetzen.
Immer mehr Bausparer versuchen, die Phase des Ansparens möglichst lange auszudehnen. Damit wollen sie von den hohen Guthabenzinsen profitieren, die beim Abschluss des Bausparvertrags vereinbart wurden.
Die Gesetzeslage
Die Bausparkassen wehren sich teilweise gegen diese Ausdehnung der Ansparphase und drohen ihren Kunden mit Kündigung. Unter anderen hat jedoch das Landgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Verbraucher weiterhin das Recht haben, ihren Bausparvertrag nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Vor dem Landgericht Karlsruhe landete eine Klage der Verbraucherzentrale von Baden-Württemberg. Diese wandte sich gegen eine veränderte Kündigungsklausel in den AGB einer Bausparkasse. Die Klausel legte fest, dass 15 Jahre im Anschluss an den Vertragsabschluss alle Verträge kündbar seien, bei denen bisher kein Darlehen abgerufen würde. Das gelte auch für die nicht zuteilungsreifen Verträge.
Auch das Oberlandesgericht Stuttgart setzte sich für die Rechte der Bausparkunden ein und sah die ordentlichen Kündigungen durch die Bausparkassen als unwirksam an. Das Urteil vom 30. März 2016 (Aktenzeichen 9 U 171/15) enthält eine Entscheidung zugunsten der Bausparer. Abhängig von den aktuellen Zinsen hätten die Bausparkassen ihren Kunden gerne gekündigt, um mehr Profit einzustreichen. Der Zeitpunkt der Zuteilungsreife allerdings rechtfertige die ordentliche Kündigung des Bausparvertrags nicht. Mit diesem Urteil erhielten die Banken und Bausparkassen eine eindeutige Absage. Abhängig von den aktuellen Zinsen möchten sie daher den Bausparern kündigen, um mehr Profit einzustreichen.
Beispielfälle aus dem Bereich der Baufinanzierung
Das OLG Stuttgart und auch einige andere Gerichte sprachen im Zusammenhang mit solchen Kündigungen von der unzulässigen Benachteiligung der Bausparer. Im Anschluss an das Urteil in Stuttgart haben die Verbraucher nun bessere Chancen. Dabei spielt jedoch die individuelle Konstellation eine relevante Rolle. Unter anderem kam es zu den folgenden Urteilen:
- Die AGB der Badenia ermöglichten selbst in den Fällen eine Vertragskündigung, wenn die Bausparer nach der ersten Kündigungsinformation schnell noch einen Antrag auf das Bauspardarlehen stellten. Eine solche Kündigungsklausel wurde vom Gericht als nicht zulässig definiert.
- Den Bausparkassen wurde jedoch erlaubt, spezielle Kündigungsrechte in den AGB festzulegen. Bei der Landesbausparkasse Südwest und beim Verband der Privaten Bausparkassen gab es ebenfalls AGB-Zusätze, die von den Verbrauchern beklagt wurden. Es kommt daher weiterhin zu Rechtsstreitigkeiten, vor allem, weil die Prozessbeteiligten durch die Instanzen gehen wollen. So sind viele Fälle aus Stuttgart, Berlin und anderen Bundesländern noch nicht endgültig entschieden.
Was der Bundesgerichtshof zur Kündigung vom Bausparvertrag sagt
Die endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Kündigung vom Bausparvertrag obliegt dem Bundesgerichtshof (BGH). Die zahlreichen BGH-Urteile zu diversen Rechtsstreits zwischen Kunden und Verbraucherschutz auf der einen Seite und den Kassen auf der anderen Seite werden sich wohl noch eine Weile fortsetzen.
- Ende 2016 erklärte der BGH beispielsweise, dass die von den Kunden geforderten Darlehensgebühren unzulässig seien.
- Etwa ein halbes Jahr später, im Mai 2017, wurden außerdem die Kontoführungsgebühren für die entsprechenden Darlehenskonten gekippt.
- Im Februar 2017 gab es eine Entscheidung, die zugunsten der Banken und Bausparkassen ausfiel. Der XI. Zivilsenat vom BGH erlaubte es, Altverträge zu kündigen, deren Darlehen schon seit über zehn Jahren zuteilungsreif war, bei denen der Bausparkredit jedoch noch nicht abgerufen worden war.
Bei den neueren Urteilen scheint der Verbraucherschutz jedoch im Vordergrund zu stehen. Damit scheinen die Kündigungsmöglichkeiten zumindest zum aktuellen Zeitpunkt für die Kassen ungünstig auszusehen.
Wie kommen Bausparer zu ihrem Recht?
Wenn es zur Kündigung von einem älteren Bausparvertrag kommt, bei dem die Zinsen hoch sind, möchten sich die Bausparer natürlich dagegen wehren. Allerdings ist ein entsprechender Vertrag mit über zehnjähriger Laufzeit keine ausschließliche Sparanlage. Das würde dem eigentlichen Sinn des Bausparens widersprechen.
Solange die Bausparsumme noch nicht erreicht ist, können die betroffenen Kunden einer Kündigung widersprechen. Hierfür sollten sie sich auf das Urteil vom OLG Stuttgart stützen und ihre Bausparkasse dazu auffordern, sich an den Vertrag zu halten.
Mit der Unterstützung der Verbraucherschutzes oder eines Anwalts können zuerst die rechtlichen Optionen geprüft werden. Spezialisierte Fachanwälte kennen sich im Detail mit den möglichen Schwachpunkten im Bausparvertrag aus und stecken tief im Thema drin. Auf der Basis ihrer Erfahrungen können sie die Kunden umfassend beraten und gegebenenfalls vor Gericht vertreten.
Der Blick in die Vertragsdetails
Die Juristen untersuchen die Situation genau, um festzustellen, ob es sich um einen Bausparvertrag handelt, bei dem die Bausparsumme schon komplett vorhanden ist, oder ob lediglich die Zuteilungsreife vorliegt. Wenn noch keine vollständige Besparung erreicht wurde, so gilt die Zuteilungsreife nicht als ausreichender Grund für die ordentliche Kündigung des Vertrags. In § 489 Absatz 1 Nr. 2 BGB lassen sich die geltenden Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung im Detail nachvollziehen. Die Zuteilungsreife wäre auch nicht gleichbedeutend mit dem vollständigen Darlehensempfang, folgerte das OLG Stuttgart. Damit wäre eine Kündigung unwirksam, sodass der Bausparvertrag fortgeführt werden müsse.
Die Bausparkasse argumentierte, dass der Kunde wegen der Niedrigzinsphase kein Interesse mehr am Bausparvertrag hätte. Diese Begründung wurde jedoch vom Gericht als unzulässig betrachtet.
Ein Beispielfall – die Aachener
Die Aachener wollte gleich mehreren Bausparern kündigen und erregte damit einiges Aufsehen. Vermeintlich störten die Kunden die Geschäftsgrundlage. Die Guthabenzinsen wären in der Niedrigzinsphase kaum noch zu erwirtschaften, sodass die Verträge für die Aachener zu teuer wären. Die Verbraucherzentralen riefen die Kunden dazu auf, sich zu wehren, und lieferte Tipps zur richtigen Vorgehensweise.
Eine Bausparkasse dürfe nur dann kündigen, wenn das angesparte Guthaben die ursprüngliche Bausparsumme übersteige oder wenn der Kunde noch zehn Jahre nach der ersten Möglichkeit der Zuteilung kein Bauspardarlehen angefordert habe. Einschränkend muss man hierzu sagen, dass es Ausnahmen für bestimmte Tarife gibt.
Von der Aachener kam das Argument, dass die Niedrigzinsphase für die hoch verzinsten Verträge nicht zumutbar sei. Darum berief sie sich auf die Paragrafen 313 und 314 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage und Kündigung aus wichtigem Grund).
Nahezu 6.000 Bausparern wurde mit dieser Begründung gekündigt, wobei sie gleichzeitig ein Tarif-Update erhielten. Der alte Vertrag sollte durch einen aktualisierten Bausparvertrag ersetzt werden, allerdings reduzierte sich der Zinssatz von 2 % auf 0,15 % jährlich. Außerdem entfiel der Bonus bei Darlehensverzicht. Den Kunden wurde ein Ultimatum gestellt, ansonsten würde es zur Kündigung des Bausparvertrags kommen.
Rechtswidrige Kündigungen des Bausparvertrags
Der Verbraucherschutz hielt diese Form der Kündigung für rechtswidrig. Die Zinsschwankungen seien keine Berechtigung, den vertraglich definierten Pflichten nicht mehr nachzukommen. Es gebe eine feste Garantie für die Spar- und Darlehenszinsen. Das Kapitalmarktrisiko liege eindeutig bei den Banken und Sparkassen, nicht bei den Sparern.
Die Gerichte haben sich dieser kundenfreundlichen Meinung angeschlossen. Neben dem Urteil des OLG Stuttgart gibt es auch gleichlautende Entscheidungen aus Celle (Aktenzeichen 3 U 86/16) und Karlsruhe (Aktenzeichen 17 U 185/15). Die Niedrigzinsphase ist somit nicht als Störung der Geschäftsgrundlage anzusehen.
Sinn und Grundlage der Baufinanzierung
Beim Bausparen geht es darum, dass die Kunden auf das Zinsversprechen der Kasse vertrauen. Wenn der Anbieter aber bei einer für ihn ungünstigen Zinsentwicklung den Bausparvertrag kündigen dürfte, würde das Bausparen wenig sinnvoll sein.
Im Optimalfall läuft es so, dass die Bausparer für eine gewisse Zeit ihr Geld zu guten Zinsen anlegen, bis die im Bausparvertrag festgesetzte Summe erreicht ist. Dann haben sie ein gewisses Kapital, um ein Objekt zu kaufen oder zu bauen, oder um eine bereits vorhandene Immobilie zu renovieren. Gleichzeitig mit dieser Zuteilung haben sie Zugriff zu einem zinsgünstigen Darlehen.
Einige Kunden möchten dieses Bauspardarlehen nicht gleich abrufen, sondern einen günstigen Zeitpunkt abwarten. Die Banken und Kassen hoffen natürlich, in der Darlehensphase einen gewissen Profit zu machen. Sie dürfen den Kunden aber nicht gleich kündigen. Auch unter Berufung auf die Zinsentwicklung ist es nicht zulässig, die Bausparer unter Druck zu setzen. Falls dennoch eine Kündigung eintrifft, hilft der Weg zur Verbraucherzentrale oder zum Anwalt.
Bildnachweis: © Shutterstock-Titelbild & #03: fizkes, #01: corgarashu, #02: LianeM, #04: r.classen