Kostenanstieg belastet europäische Anwaltskanzleien

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Laut einer Umfrage von stp.one betrachten 46 Prozent der europäischen Anwaltskanzleien einen Rückgang ihrer abrechenbaren Stunden als eine kritische Herausforderung. Bei kleinen Kanzleien liegt dieser Anteil sogar bei 60 Prozent. Die Umfrage wurde Ende 2023 unter 1.250 Anwaltskanzleien in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Benelux, Italien, Frankreich und Spanien durchgeführt und zeigt deutlich die Herausforderungen, mit denen Kanzleien konfrontiert sind.

Report zeigt: Kanzleien vor immensen Herausforderungen

Die Ergebnisse des Reports verdeutlichen, dass Anwaltskanzleien vor großen Herausforderungen stehen. Einerseits wünscht sich die junge Generation juristischer Fachkräfte ein weniger formelles und flexibleres Arbeitsumfeld. Andererseits kämpfen die Kanzleien mit zunehmendem Wettbewerbsdruck, veränderten Anforderungen der Mandanten und steigenden Ausgaben. Der Legal Tech Report identifiziert Betriebskosten, Investitionen in digitale Prozesse, Compliance-Bemühungen und die Mitarbeitergewinnung als Hauptkostentreiber, die zu einem Rückgang der abrechenbaren Stunden führen können.

  • Steigende Betriebskosten, wie Strom, Büromaterial und Gehälter, sind eine Folge der Inflation
  • Die Produktivität kann durch Investitionen in digitale Prozesse gesteigert werden, obwohl dies zunächst Kosten verursacht
  • Die EU weitet ihre Regulierungen aus und erhöht damit die Kosten für die Einhaltung von Compliance-Vorgaben
  • Um talentierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten, müssen die Gehälter und Boni erhöht werden, zusätzlich zur allgemeinen Lohninflation

Die Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass kleine und mittelgroße Kanzleien größere Sorgen bezüglich der Inflation und steigender Kosten haben als größere Kanzleien. Dies könnte daran liegen, dass größere Kanzleien aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten besser in der Lage sind, höhere Kosten zu bewältigen. Zudem haben sie mehr Spielraum, um Kosten schnell zu reduzieren, beispielsweise durch die Kürzung von Boni oder anderen Vergünstigungen.

Das Ergebnis der Umfrage zeigt, dass italienische Anwaltskanzleien die Inflation und steigende Kosten als besonders herausfordernd ansehen. Im Gegensatz dazu sind Kanzleien in Frankreich, Spanien und Benelux weniger besorgt. Dies könnte auf die höhere Inflation in Italien im Jahr 2023 zurückzuführen sein, aber es könnten auch andere strukturelle Faktoren eine Rolle spielen.

Das traditionelle Geschäftsmodell von Anwaltskanzleien zielt darauf ab, die Anzahl der abrechenbaren Stunden zu maximieren. Allerdings ergeben sich daraus einige Herausforderungen. Immer mehr Mandanten erwarten eine größere Planbarkeit ihrer Anwaltskosten, sei es durch Festpreise oder eine Deckelung der Gebühren. Einige Mandanten bevorzugen sogar Pauschaltarife, um nicht für jede einzelne Kommunikationseinheit bezahlen zu müssen. Während sich langfristig die Einnahmen der Kanzleien dadurch nicht verringern sollten, können kurzfristig Umsatzrückgänge auftreten, bis neue Abrechnungsstrukturen das traditionelle Stundenmodell ersetzen.

Um den Wünschen der Mandanten nach Vorhersehbarkeit gerecht zu werden, könnten Kanzleien einen offeneren Umgang mit den Gewinnchancen von Rechtsstreitigkeiten pflegen und Mandanten frühzeitig über neue Vorschriften informieren, die ihre rechtliche Situation beeinflussen könnten.

Im Zuge des Rückgangs der abrechenbaren Stunden setzen Unternehmen vermehrt auf alternative juristische Dienstleister (ALSPs) und interne Rechtsberatung, um kostengünstigere Zusatzservices anzubieten. Dieser Trend stellt eine ernsthafte Bedrohung für das herkömmliche Geschäftsmodell von Anwaltskanzleien dar. Laut einer Umfrage betrachten 46 Prozent der Teilnehmer den Rückgang der abrechenbaren Stunden als kritische Herausforderung. Insbesondere kleine Kanzleien sind mit 60 Prozent besorgt, während nur 32 Prozent der Großkanzleien diese Herausforderung als besonders relevant erachten.

Der Wunsch vieler juristischer Fachkräfte nach flexibler und ortsunabhängiger Arbeit führt dazu, dass in Anwaltskanzleien viele Büroflächen leer stehen bleiben. Vor allem kleine Kanzleien sind besorgt über die hohen Kosten für diese ungenutzten Büros, da die Büromiete einen großen Teil der Betriebskosten ausmacht. Deutsche Kanzleien zeigen im Vergleich zu Kanzleien in anderen Ländern eine höhere Besorgnis über nicht ausgelastete Büroflächen (42 Prozent gegenüber 20-30 Prozent).

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