Erfolg im Kampf für Gleichberechtigung: Gender Pay Gap endgültig beseitigt

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Der Rechtsstreit (8 AZR 450/21) vor dem Bundesarbeitsgericht Erfurt hatte das Ziel, die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern in Deutschland zu thematisieren. Es wurde angeprangert, dass Frauen im Jahr 2022 im Durchschnitt einen um 18 Prozent geringeren Bruttostundenverdienst als Männer erhalten. Das Gerichtsurteil wurde als „Meilenstein für Lohngleichheit“ bezeichnet, da es feststellte, dass diese Ungleichheit gegen das Prinzip der Gleichbehandlung verstößt.

Neues Urteil: Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit laut Bundesarbeitsgericht Erfurt

Das Urteil vom 16. Februar 2023 entstand infolge der Klage einer Vertriebsmitarbeiterin gegen ihren vorherigen Arbeitgeber. Die Arbeitnehmerin hatte am 1. März 2017 angefangen zu arbeiten und hatte mit ihrem damaligen Arbeitgeber einen individuellen Vertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag sah ein Grundgehalt in Höhe von 3.500,00 Euro brutto vor, welches ab dem 1. November 2017 um einen erfolgsabhängigen Vergütungsanteil ergänzt werden sollte.

Der frühere Arbeitgeber der Klägerin hatte neben ihr noch zwei männliche Kollegen in seinem Vertriebsbereich. Im Zuge des Verfahrens wurde von beiden Seiten, der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber, übereinstimmend festgestellt, dass alle drei Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst tätig waren und dieselben Verantwortlichkeiten sowie Befugnisse hatten. Folglich waren sie alle in derselben Position tätig.

Einer der männlichen Kollegen hatte eine erheblich längere Beschäftigungsdauer bei dem Unternehmen. Im Jahr 2017 hatte er bereits 32 Jahre für den Arbeitgeber gearbeitet. Am 31. Juli 2018 schloss der Arbeitgeber mit diesem Mitarbeiter einen außertariflichen Anstellungsvertrag ab, der ein Grundgehalt von 4.500,00 Euro brutto festlegte.

Am 1. Januar 2017 wurde der andere männliche Kollege beim Arbeitgeber angestellt, unmittelbar nach der Arbeitnehmerin. Diese Neueinstellung erfolgte, um die Position einer langjährigen Vertriebsmitarbeiterin zu besetzen, die altersbedingt planmäßig am 31. Oktober 2017 ausschied. Der Arbeitgeber unterbreitete dem anderen Arbeitnehmer zu Beginn auch das Angebot, ein Grundgehalt von 3.500,00 Euro brutto zu erhalten und ab dem 1. November 2017 zusätzlich eine Entlohnung zu bekommen, die von seinem erzielten Umsatz abhängt.

Am 1. Januar 2017 wurde ein anderer männlicher Kollege vor der Arbeitnehmerin vom Arbeitgeber angestellt. Die Einstellung erfolgte, um eine langjährige Vertriebsmitarbeiterin zu ersetzen, die altersbedingt am 31. Oktober 2017 ausschied. Dem neuen Mitarbeiter wurde zu Beginn ein Grundgehalt von 3.500,00 Euro brutto angeboten, und ab dem 1. November 2017 sollte er zusätzlich eine variable Vergütung erhalten, die von seinem erzielten Umsatz abhing.

Fortschritt der Untersuchung

Als die Klägerin von der Gehaltsdifferenz erfuhr, die zwischen ihrem Einstiegsgehalt und dem Gehalt ihres männlichen Kollegen bestand, der am 1. Januar 2017 angestellt wurde, entschied sie sich dazu, gerichtlich gegen ihren damaligen Arbeitgeber vorzugehen. Sie forderte von ihm die Differenz zwischen den beiden Gehältern unter Berufung auf das Prinzip der Gleichstellung von Männern und Frauen in Bezug auf die Entlohnung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Weder in erster noch in zweiter Instanz hatte die Klägerin mit ihrer Klage Erfolg.

Laut dem Berufungsurteil vom 3. September 2021 (1 Sa 358/19) des Landesarbeitsgerichts Sachsen wurde die Ansicht vertreten, dass die Erhöhung des Grundgehalts des anderen Arbeitnehmers erforderlich war, um ihn für das Unternehmen zu gewinnen. Das Gericht begründete dies damit, dass das Interesse, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, ein objektives Interesse ist und die Zahlung einer ungleichen Vergütung dementsprechend gerechtfertigt werden kann.

Aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts sorgt für Diskussionen

Mit seinem Urteil vom 16. Februar 2023 hat das Bundesarbeitsgericht einen neuen Standpunkt vertreten. Das vorherige Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen wurde aufgehoben und der Klägerin wurde ein Anspruch auf eine Vergütungsdifferenz von EUR 14.500,00 brutto und eine Entschädigungszahlung in Höhe von EUR 2.000,00 zugesprochen.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts basiert auf der bisherigen Pressemitteilung, aus der hervorgeht, dass die Arbeitnehmerin wegen ihres Geschlechts diskriminiert wurde. Die genauen Gesichtspunkte, auf die sich das Gericht stützt, sind jedoch noch nicht bekannt, da die ausführlichen Entscheidungsgründe fehlen.

In Anbetracht der unstreitigen Tatsache, dass die Klägerin und ihre männlichen Kollegen die gleiche Arbeit verrichtet haben, jedoch die Klägerin ein geringeres Grundgehalt als ihre männlichen Kollegen erhalten hat, konnte sie sich gemäß § 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf die Vermutung einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung berufen.

Das Bundesarbeitsgericht stellte in der Pressemitteilung fest, dass der Arbeitgeber die geschlechtsspezifische Diskriminierung nicht widerlegen konnte. Insbesondere konnte der Arbeitgeber nicht argumentieren, dass das höhere Grundgehalt des anderen Arbeitnehmers von März bis Oktober 2017 aufgrund einer höheren ausgehandelten Vergütung zustande kam.

Konsequenzen des Urteils für die praktische Umsetzung

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2023 wird vielfach als ein Meilenstein für die Lohngerechtigkeit angesehen. Bereits mit seinem Grundsatzurteil vom 21. Januar 2021 (8 AZR 488/19) hat das Bundesarbeitsgericht meiner Ansicht nach die entscheidende Richtungsänderung eingeleitet. In diesem Urteil wurde erstmals die Vermutung aufgestellt, dass eine geschlechtsspezifische Diskriminierung vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin für die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit eine niedrigere Vergütung erhält als ein Kollege oder eine Kollegin des anderen Geschlechts.

Das Gericht akzeptiert auch die Argumentation des Arbeitgebers, dass die unterschiedliche Vergütung aufgrund der unterschiedlichen Positionen oder Verantwortungsbereiche der Mitarbeiter gerechtfertigt ist. Der Arbeitgeber muss nachweisen können, dass die Gehaltsunterschiede auf den jeweiligen Anforderungen der Positionen basieren.

Es sollte klargestellt werden, dass die Ungleichbehandlung der Geschlechter nicht mit Diskriminierung zusammenhängt, sondern auf geschlechtsunabhängigen Faktoren beruht. Ein Beispiel hierfür könnte die Erfahrung oder die spezifischen Fähigkeiten sein, die für eine bestimmte Position erforderlich sind. Wenn die Entgeltdifferenzierung zwischen Männern und Frauen auf diesen legitimen Anforderungen und Zielen des Unternehmens basiert, kann sie gerechtfertigt sein.

In seinem Urteil vom 21. Januar 2021 stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass die Berufserfahrung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin ein objektives Kriterium sein kann, das nichts mit Geschlechterdiskriminierung zu tun hat. Normalerweise gehen Dienstalter und Berufserfahrung Hand in Hand, und eine längere Berufserfahrung führt in der Regel zu einer besseren oder effizienteren Arbeitsleistung. Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass dieser Zusammenhang seine Grenzen hat. Eine erhöhte Berufserfahrung führt nicht zwangsläufig zu einer Steigerung der Arbeitsqualität. Es ist wichtig zu betonen, dass die Vergütung nicht aufgrund des Lebensalters, sondern basierend auf der Berufserfahrung festgelegt werden sollte, um jegliche Form von Diskriminierung zu vermeiden.

Fazit

Angesichts der positiven Entscheidung vom 16. Februar 2023 ist zu erwarten, dass auch andere Personen, die eine geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung bei der Bezahlung vermuten, motiviert werden und versuchen, sich zur Wehr zu setzen. Dies könnte zu einer steigenden Anzahl von Klagen auf Zahlung von unrechtmäßig vorenthaltenem Gehalt und zur Geltendmachung von Auskunftsansprüchen gemäß dem Entgelttransparenzgesetz führen. Dennoch werden viele engagierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach wie vor Schwierigkeiten haben, verlässliche Informationen zu erhalten.

Das Entgelttransparenzgesetz legt fest, dass für ein Auskunftsverlangen der Betrieb, in dem der oder die Beschäftigte arbeitet, mehr als 200 Beschäftigte beim selben Arbeitgeber haben muss. In meiner Sichtweise hat das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2023, entgegen einiger Kritiker, nicht das Ende der Privatautonomie eingeläutet. Es unterstreicht lediglich die Bedeutung von kollektivarbeitsrechtlichen Entgeltsystemen, die vor allem durch Tarifverträge definiert werden. Zudem schreibt das Entgelttransparenzgesetz gemäß § 4 Absatz 4 vor, dass diese Systeme so gestaltet sein müssen, dass Geschlechterdiskriminierung ausgeschlossen ist.

Trotz der Vertragsfreiheit bei der Festlegung des Entgelts zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gibt es bestimmte Grenzen. Neben gesetzlichen Vorgaben wie dem Mindestlohn spielen auch gesetzliche Bestimmungen zur Gleichbehandlung, wie beispielsweise die Pflicht zur Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern, eine Rolle. Zukünftig muss daher verstärkt beachtet werden, dass das Gebot der Entgeltgleichheit keine unverbindliche Aussage bleibt.

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