Überschuldung: Wege aus der Schuldenfalle für Verbraucher und Unternehmen

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Nicht nur Unternehmen droht die Zahlungsunfähigkeit, auch immer mehr Privatpersonen sind von einer Insolvenz bedroht oder gar betroffen. Spätestens dann, wenn trotz umfassender Sparmaßnahmen und starken Einschränkungen bei den Ausgaben Rechnungen und Raten nicht mehr gezahlt werden können, spricht der Experte von einer Überschuldung.

Was ist die Überschuldung?

Überschuldung bedeutet nichts anderes, als dass Rechnungen nicht mehr bezahlt werden können und dass andere Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllt werden. Steht monatlich stetig weniger Geld zur Verfügung als benötigt wird, spricht man von der Überschuldung. Dabei ist das Aufnehmen von Schulden heute gängige Praxis: Beim Bau des Eigenheims oder beim Kauf des neuen Familienwagens ist häufig weniger Geld vorhanden, als für die vollständige Bezahlung des Kaufgegenstandes gebraucht wird. Um den Kauf dennoch abzuwickeln, wird dieser über geliehenes Geld in Form eines Kredits vorgenommen. Dies stellt kein Problem dar, solange die vereinbaren Rückzahlungsraten fristgerecht erbracht werden. Übersteigen diese Ratenzahlungen gemeinsam mit anderen Zahlungsverpflichtungen das regelmäßige Einkommen, liegt bereits eine Überschuldung vor.

Auch die Insolvenzordnung regelt in § 19 Abs. 2, was eine Überschuldung ist: Hierbei kann das Vermögen des Schuldners die derzeitigen Verbindlichkeiten nicht mehr decken. Diese Definition gilt für Unternehmen. Ist die Fortführung desselben nach den Umständen „überwiegend wahrscheinlich“, so wird jedoch nicht von der Überschuldung gesprochen.

Der Begriff der Überschuldung in seiner überarbeiteten Form wurde bereits im Jahr 2008 eingeführt, als die Finanzkrise den Gesetzgeber dazu zwang, geeignete Maßnahmen zur Stabilisierung des Marktes durchzuführen. Hieraus rührt die Formulierung, dass bei einer positiven Prognose zur Fortführung des Unternehmens keine Überschuldung vorliegt. Ist die Prognose aber negativ, muss eine sogenannte Überschuldungsbilanz erstellt werden, in denen die Werte der liquiden Mittel erkennbar sind. Somit gilt auch, dass nicht jede Gesellschaft, die überschuldet ist, zwangsläufig als insolvent bezeichnet werden kann.

Für eine positive Prognose zur Fortführung des Unternehmens spricht, wenn mittelfristig Überschüsse bei den Einnahmen erzielt werden und diese ausreichen, um die aktuellen sowie die in der Zukunft absehbaren Verbindlichkeiten zu erfüllen. Als zugrunde liegender Zeitraum für diese Prognose werden das aktuelle sowie das folgende Geschäftsjahr gesehen. Allerdings muss diese positive Betrachtung auch bewiesen werden. Das wiederum obliegt der Geschäftsleitung, die entsprechende Nachweise beibringen muss.

Video: Insolvenz einfach erklärt (explainity® Erklärvideo)

Privatinsolvenz: Unterschied zur Regelinsolvenz

Die Privatinsolvenz trifft – wie der Name vermuten lässt – private Bürger. Hier spricht der Experte auch von einer Verbraucherinsolvenz, die besteht, wenn die betreffende Person ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Durch welche Gründe die Insolvenz entstanden ist, ist dabei nicht von Belang. So können Bestellungen in Onlineshops, Ratenkäufe oder der allzu häufige Einsatz der Kreditkarte dazu führen, dass das Geld schneller ausgegeben ist, als das Konto befüllt werden konnte. Die Möglichkeit der Privatinsolvenz richtet sich demzufolge an Verbraucher und damit an natürliche Personen.

Die Regelinsolvenz hingegen ist für Personen interessant, die nicht angestellt arbeiten, sondern deren Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit stammt. Damit kommt diese Form der Insolvenz für Freiberufler und Selbstständige aller Art infrage. Auch ehemalige Selbstständige oder Gewerbetreibende, die Schulden aus einem Arbeitsverhältnis haben oder die mehr als 20 Gläubiger aufzuweisen haben, können die Regelinsolvenz für sich beanspruchen. In beiden Fällen ist die Restschuldbefreiung aber nach sechs Jahren möglich, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden, kann dies auch schon nach fünf oder sogar nach drei Jahren der Fall sein.

Der Ablauf beider Verfahren ist nur kaum verschieden, jedoch muss beim Privatinsolvenzverfahren ein außergerichtlicher Vergleich geschlossen werden. Geht es jedoch um eine Regelinsolvenz, darf der entsprechende Antrag direkt gestellt werden. Nähere Informationen hierzu sowie allgemein zur Privatinsolvenz bietet die Firma Vexcash AG auf ihren Seiten.

Hilfe gesucht: Was wird gegen die Überschuldung unternommen?

Oftmals ist es eine Kunst, die beginnende Überschuldung zu erkennen, denn scheinbar werden die laufenden Kosten noch gedeckt. Doch in solchen Fällen reicht es bereits, wenn eine außerplanmäßige Zahlung oder eine, die nicht mehr eingeplant war, anfällt. An diesem Punkt lässt sich die Überschuldung mit den richtigen Sparmaßnahmen meist noch vermeiden. Werden bestimmte Ausgaben gestrichen, entfallen natürlich Kosten. Führen die Sparmaßnahmen nicht zum gewünschten Effekt, ist eine Schuldnerberatung unabdingbar. Diese ist in der Regel kostenfrei zu nutzen.

Der Berater wird zunächst Posten benennen, die ein großes Einsparpotenzial bieten bzw. nach derartigen Positionen suchen. Außerdem ist es seine Aufgabe, sich mit den verschiedenen Gläubigern zu verständigen und Vereinbarungen zum kompletten oder wenigstens teilweisen Erlass der Schulden zu treffen. Eine Möglichkeit besteht in der Senkung von Kreditraten, sodass das monatlich zur Verfügung stehende Geld wieder reicht.

Erst als letzte Möglichkeit wird die Verbraucherinsolvenz angestrebt. Diese wird beim zuständigen Amtsgericht beantragt und unter Erfüllung verschiedener Auflagen durchgeführt. Der Verbraucher muss beispielsweise eine Phase des Wohlverhaltens nachweisen, in der die bestehenden Schulden reduziert werden. Neue Schulden dürfen nicht gemacht werden. Nach sechs Jahren ist die Schuldenbefreiung möglich, danach gilt der Verbraucher als schuldenfrei.

Video: Was passiert, wenn ich meine Schulden nicht bezahlen kann? – Was ist Überschuldung?

Neuregelung der Überschuldung für Unternehmen

Wie bereits erwähnt wurde, gab es im Jahr 2008 eine Neuregelung zum Thema Überschuldung von Unternehmen. Diese neue Regelung ist in § 19 Abs. 2 der Insolvenzordnung zu finden und stellt eine Sicherungsmöglichkeit für Unternehmen dar. Diese Neuregelung war nötig, weil die Finanzkrise bei vielen Unternehmen dafür sorgte, dass erhebliche Wertverluste hingenommen werden mussten. Aktien und Immobilien galten plötzlich als wenig lukrativ und gewinnbringend.

Viele Unternehmen waren dann massiv davon betroffen, dass eine bilanzielle Überschuldung vorlag. Besteht nun eine derartige Sachlage und können die Geschäftsführer des Unternehmens dazu verpflichtet gewesen, binnen drei Wochen einen Insolvenzantrag bei den zuständigen Stellen einzureichen. Ansonsten drohte der Strafbestand der Insolvenzverschleppung. Eine Sanierung konnte sich zwar abzeichnen und die Fortführungsprognose gut sein – für das Unternehmen änderte diese Sachlage aber nichts.

Neu geregelt ist nun der Passus, dass der oder die Geschäftsführer nicht mehr dazu verpflichtet ist/sind, sofort einen Insolvenzantrag zu stellen. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen profitieren von dieser Regelung.

Wer profitiert von der neuen Regelung?

Die Neuregelung schützt Unternehmen auch dann, wenn sie ein neues Produkt zur Marktreife gebracht haben. Zeichnet sich schon früh eine gute Nachfrage ab, ist die Zukunftsprognose ebenfalls gut. Das kann auch ein Exporthändler für sich ausnutzen, der einen neuen Markt erschlossen hat. Hier gilt, dass trotz vorliegender bilanzieller Überschuldung eine positive Prognose gerechtfertigt ist, die es erlaubt, dass die Verbindlichkeiten in naher Zukunft beglichen werden können.

Die Neuregelung sollte aber auch helfen, eine Insolvenzwelle zu vermeiden. Sie bekommen den Weg in Richtung Sanierung geebnet.
Die Änderung dieses Paragrafen der Insolvenzordnung basiert unter anderem auf einem Urteil, welches durch den Bundesgerichtshof erlassen wurde.

Oftmals ist es eine Kunst, die beginnende Überschuldung zu erkennen, denn scheinbar werden die laufenden Kosten noch gedeckt. Doch in solchen Fällen reicht es bereits, wenn eine außerplanmäßige Zahlung oder eine, die nicht mehr eingeplant war, anfällt. (#01)

Oftmals ist es eine Kunst, die beginnende Überschuldung zu erkennen, denn scheinbar werden die laufenden Kosten noch gedeckt. Doch in solchen Fällen reicht es bereits, wenn eine außerplanmäßige Zahlung oder eine, die nicht mehr eingeplant war, anfällt. (#01)

Kennzeichen für eine positive Prognose

Die Fortführung des Unternehmens, welches nach derzeitigem Stand von der Überschuldung bedroht ist, muss Erfolg versprechend sein.

Dafür müssen die folgenden Kriterien erfüllt werden:

  • Im laufenden und im nächsten Geschäftsjahr darf das Unternehmen nicht zahlungsunfähig werden.
  • Es müssen durch das Unternehmen Gewinne erwirtschaftet werden.
  • Die Kosten müssen gedeckt sein, dauerhaft soll aber ein Gewinn erkennbar sein.
  • Die Fortführung ist wahrscheinlicher als die Aufgabe des Unternehmens.

Allerdings ergeben sich hieraus durchaus neue Probleme, denn der aktuelle wirtschaftliche Stand des Unternehmens muss bewiesen werden. Allein die Aussage, dass eine positive Prognose besteht, ist nicht genügend. Eine Haftungsgefahr für den Geschäftsführer besteht dennoch!
Diese positive Prognose muss in den Geschäftsunterlagen zu finden sein – sie wird eigens erstellt.

Im Idealfall lässt sich die Prognose über das Fortbestehen aus den alltäglichen Finanzbuchungen erkennen und es muss keine separate Übersicht aufgestellt werden. Wird eine derartige Prognose und positive Geschäftstendenz erst später erstellt, so gilt dies als strafbare Handlung, denn es handelt sich um eine Vorspiegelung einer vermeintlich positiven Prognose. Fortbestehungsprognosen müssen daher bereits dann erstellt werden, wenn sie erforderlich sind und nicht erst, wenn sie direkt als Beweis nötig sind.

In einigen Fällen kann das Personal selbst etwas zur Verbesserung der Zahlungsfähigkeit beitragen. Dies ist möglich, wenn auf bestimmte Entgeltbestandteile verzichtet wird – ein Beispiel ist das 13. Monatsgehalt. (#02)

In einigen Fällen kann das Personal selbst etwas zur Verbesserung der Zahlungsfähigkeit beitragen. Dies ist möglich, wenn auf bestimmte Entgeltbestandteile verzichtet wird – ein Beispiel ist das 13. Monatsgehalt. (#02)

Das Problem der Zahlungsunfähigkeit beseitigen

Auch wenn die Prognose für das Unternehmen positiv ist, so muss doch die Zahlungsfähigkeit immer wieder überprüft werden. Erkennt ein Geschäftsführer die Zahlungsunfähigkeit, so ist er an die Frist von drei Wochen gebunden, während derer er die Insolvenz in die Wege leiten muss. Ansonsten droht nach § 15a der Insolvenzordnung eine Klage wegen Insolvenzverschleppung. Diese wiederum bedeutet, dass der Geschäftsführer persönlich für alle Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife anfallen, haftbar gemacht werden kann.

Allerdings kann jeder selbst einige Maßnahmen einleiten, die die Zahlungsunfähigkeit beseitigen können. Zum einen ist es möglich, nicht mehr benötigtes – oder aktuell nicht benötigtes – Anlagevermögen zu veräußern. Die Einnahmen daraus erhöhen die Aktivseite. Allerdings ist es meist zeitlich schwierig, Anlagevermögen zu verkaufen, weil dieser Vorgang oft länger dauert.

Des Weiteren sind Sonderverkäufe aus dem Warenlager möglich, hierüber lassen sich kurzfristig Einnahmen erzielen. Die Passivseite lässt sich durch eine Verlängerung von Zahlungsfristen verbessern, was in erster Linie für Neukäufe relevant ist. Viele Lieferanten oder Geschäftspartner lassen sich auf eine nachträgliche Änderung der Frist nicht ein. Das offene Gespräch bringt aber manchmal Wunder.
Eventuell sind Stundungsvereinbarungen möglich, auch das Factoring kann zur Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit beitragen. Die dafür anfallenden Kosten werden auf die Kunden umgelegt, dafür ist nicht mit längeren Außenständen zu rechnen und Rechnungsbeträge werden sofort beglichen. Erhöhen sich die Preise für Kunden, stellt dies allerdings nicht selten ein Wettbewerbsproblem dar.

In einigen Fällen kann das Personal selbst etwas zur Verbesserung der Zahlungsfähigkeit beitragen. Dies ist möglich, wenn auf bestimmte Entgeltbestandteile verzichtet wird – ein Beispiel ist das 13. Monatsgehalt. Auch hier ist das offene Gespräch zu suchen und der Angestellte kann die Alternative 13. Gehalt oder Pleite des Unternehmens und damit verbundene Entlassung vorgestellt bekommen. Selbstverständlich darf dies nicht als Druckmittel verstanden werden, sondern die Geschäftsführung kann darüber nur versuchen, die Mitarbeiter „ins Boot zu holen“.

Teilweise ist es möglich, auf Fördermittel zurückzugreifen, doch auch hier spielt der Zeitfaktor eine Rolle. Die Mühlen bei der Vergabe öffentlicher Fördermittel mahlen leider sehr langsam.


BIldnachweis:©Shutterstock-Titelbild: Marcos Mesa Sam Wordley -#01: Adam Gregor  -#02: Mi.Ti.

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